Es gibt genug Wege, nicht nur in Bayern: Angesicht kaum noch zu bewältigender Besucherströme auf einigen Wanderwegen empfiehlt der Deutsche Wanderverband weniger bekannte Wege und Regionen als Urlaubsziele.
Deutschland wandert. Dieser Eindruck drängt sich angesichts der Rückmeldungen der Organisationen unter dem Dach des Deutschen Wanderverbandes (DWV) mit rund 600.000 Mitgliedern auf. In manchen Regionen stößt die Wanderinfrastruktur bereits an ihre Grenzen. Dr. Gerhard Ermischer, Präsident des Wanderverbandes Bayern: „Während der Corona-Krise ist die Situation in manchen Hauptwanderregionen eskaliert. Einige Bürgermeister im alpinen Raum lassen bereits die Zufahrten zu Wandergebieten sperren. Andererseits ist in den meisten Mittelgebirgen noch viel Platz zum Ausweichen vorhanden.“
Eine Ursache des Andrangs ist, dass viele Menschen sich in diesem Jahr scheuen, ihren Urlaub im Ausland zu verbringen. Sie bleiben in Deutschland und wandern. 56 Prozent aller Deutschen halten sich im Urlaub gerne in der Natur auf, wie eine GfK-Studie gerade ermittelt hat.
Auch manche Qualitätswege „Wanderbares Deutschland“ sind von der wachsenden Begeisterung am Wandern betroffen. Uwe Stanke, beimTourismusverband Oberbayernfür das Wegemanagement zuständig: „Für den Goldsteig verzeichnen wir durch Corona bedingt eine deutliche Steigerung. An den Hotspots sind vor allem am Wochenende unzählige Wanderer unterwegs. Insgesamt sind auf unseren Fernwanderwegen dreimal so viele Wanderer wie in den Vorjahren unterwegs.“ Auch im Erzgebirge registrieren die Touristiker eine größere Nachfrage. Ute Florl vom dortigen Tourismusverband: „Seit Mitte Mai spüren wir eine deutliche Steigerung bei den Buchungen ‚Wandern ohne Gepäck‘ auf dem Kammweg Erzgebirge-Vogtland.“
Besonders Wanderregionen in der Nähe von großen Städten scheinen angesichts der Corona-Pandemie beliebt zu sein. Anet Hoppe von der tmu Tourismus Marketing Uckermark GmbH: „Die Uckermark vor den Toren Berlins ist aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Das Wandern auf den zertifizierten Qualitätswegen erfährt eine große Nachfrage durch Gäste aber auch Journalisten, welche zum jetzt wieder attraktiven Thema Urlaub vor der Haustür berichten.“ Die steigende Beliebtheit des Wanderns ist auf der einen Seite gut etwa für die wirtschaftliche Entwicklung der meist ländlichen Regionen. Auf der anderen Seite ergeben sich daraus mancherorts Schwierigkeiten. Heike Baumgärtner aus dem Informationszentrum Naturpark Altmühltal: „An besonderen Hotspots kommt es bei uns zu Problemen etwa mit überfüllten Parkplätzen. Außerdem nimmt die Zahl der Mountainbiker auf den Wanderwegen zu.“
Laut Liane Jordan, beim DWV für die Qualitätsinitiative „Wanderbares Deutschland“ zuständig, steigt aufgrund solcher Entwicklungen nicht nur die Menge des Mülls am Wegesrand. Auch die Einhaltung der Abstandsregeln und Hygienevorschriften sei zuweilen schwer. Deswegen empfiehlt der Deutsche Wanderverband eine Entzerrung der Besucherströme, zumal auch bislang weniger bekannte Wege ein großes Potential böten. Jordan: „Gerade für Wanderanfänger bieten sich hier die im gesamten Bundesgebiet verstreuten 245 Qualitätswege ‚Wanderbares Deutschland‘ an – insgesamt fast 15.000Kilometer. Da gibt es genug Ausweichmöglichkeiten.“
Die Qualitätswege „Wanderbares Deutschland“ seien nicht nur besonders abwechslungsreich, sondern auch perfekt markiert. „Da kann sich niemand verlaufen, also optimal für Anfänger“, so Jordan. Die Expertin hat auch Tipps für Qualitätswege, deren Reiz sich noch nicht herumgesprochen hat: „Der Oberlausitzer Bergweg bietet tolle Fernblicke ins benachbarte Tschechien und über die Lausitz, mit idyllischen kleinen Orten und den typischen Umgebindehäusern. Fast in der Mitte Deutschlands liegt der Werra-Burgen-Steig mit stämmigen Buchen und vielen Sehenswürdigkeiten auf der hessischen Seite wie im benachbarten Eichsfeld in Thüringen. Wer sportliche Auf-und Abstiege mag, sollte den Veldenzwanderweg in der Westpfalz ausprobieren.“
Neben schönen Wegen gehören perfekte Gastgeber zu einem gelungenen Wanderurlaub. Auch hier habe die Qualitätsinitiative „Wanderbares Deutschland“ Maßstäbe gesetzt, so Jordan. Vom Allgäu bis nach Rothenburg an der Wümme, von der Eifel bis ins Ruppiner Seenland: Die bundesweit rund 1.500 geprüften Qualitätsgastgeber „Wanderbares Deutschland“ bieten kompetente Beratung, eine Wanderapotheke für kleinere Blessuren, sowie Möglichkeiten, Kleidung und Ausrüstung unkompliziert zu trocknen. Auch der Gepäcktransport zum nächsten Etappenziel lässt sich leicht organisieren. Kurzum: Die Qualitätsinitiative „Wanderbares Deutschland“ garantiert einen unbeschwerten Wanderurlaub.
Bild: Am Kammweg Erzgebirge-Vogtland bei Altenberg im Osterzgebirge (© Sven Hähle).