Das Wort Umwelt vermittle eine falsche Sicht auf die Welt, meinen Philosophen seit Alters her. Der Begriff müsse den Mensch einbeziehen. Ein Denkanstoß.
Die Brockhaus Enzyklopädie definiert Umwelt als „Gesamtheit aller direkt und indirekt auf einen Organismus, eine Population oder eine Lebensgemeinschaft einwirkenden biotischen und abiotischen Faktoren einschließlich ihrer Wechselwirkungen.“ Wenn wir Menschen von unserer Umwelt sprechen, meinen wir demnach alles, was auf uns einwirkt. Uns selbst, die Menschen, schließt die Brockhaus-Definition aus.
Andere Definitionen sind ähnlich. Umwelt sei die „Umgebung eines Systems oder einer Lebenseinheit, welche(s) mit dieser in wechselseitigen Beziehungen steht“, lesen wir im Gabler Wirtschaftslexikon, oder der „Ausschnitt der Umgebung eines Organismus, der auf irgendeine Weise auf ihn einwirkt“ (Spektrum.de).
Mensch und Umwelt – ein Zwiespalt
Umwelt offenbare „eine falsche Sicht auf die Welt“, meint der Philosoph Andreas Weber im Deutschlandfunk Kultur. Der Begriff trenne uns vom übrigen Leben: Menschen würden sich als Bewohner der Biosphäre fühlen, nicht aber als ihr Bestandteil. Es sei bestürzend, dass „dem ökologischen Handeln von Anfang an diese Selbstwidersprüchlichkeit eingebaut war“, so Weber.
Seit Alters her haben Philosophen die unterschiedlichsten Varianten der Beziehung zwischen Mensch und Natur betrachtet – ob mit dem Menschen als „Maß der Dinge“, wie einst Goethe schrieb, oder der Natur im Mittelpunkt. „Die Natur wird uns keine Sonderbehandlung gewähren, nur weil wir uns als Krone der Schöpfung betrachten“, war der Physiker Hans-Peter Dürr überzeugt. „Ich fürchte, sie ist nicht eitel genug, um sich an den Menschen als einen Spiegel zu klammern, in dem allein sie ihre eigene Schönheit sehen kann.“
Ökologische Krise – falsches Weltbild?
Eines steht außer Zweifel: Der Mensch hat sich „in einem weit über die alttestamentarische Vorstellungskraft hinausgehenden Maße die Natur untertan gemacht.“ (Prof. Dr. Gregor Schiemann im Vorwort seines Buches „Was ist Natur?“) Im Rahmen der ökologischen Krise müsse das Verhältnis zur Natur neu überdacht werden, so Schiemann.
Der Philosoph Andreas Weber macht dazu einen Vorschlag: „Die lebendige Wirklichkeit ist ebenso sehr in uns, wie sie um uns herum ist. Sogar das Klima sind wir letztlich selbst. Unsere Körper sind aus Kohlenstoff, den wir beim Atmen als CO2 wieder in den Himmel abgeben. Die Bäume bedienen sich daraus, um ihr Laub und ihre Stämme zu bilden. Statt von uns ‚hier‘ und von Umwelt, Natur oder Klima ‚da‘ zu sprechen, sollten wir besser sagen: Jeder Körper ist Gestalt gewordener Atem.“
Umgekehrt sei die Atmosphäre voller potenzieller Körper, so Weber. Erst wenn wir uns das klar machen würden, handelten wir dem zentralen Prinzip der Ökologie gemäß. Dieses laute nicht: „Organismen haben Umwelten.“ Richtig sei stattdessen: „Ich bin, weil du bist.“