Sehr viele Wald- und Wiesenwege in Bayern verlaufen auf Privatgrund. Die Besitzer, zumeist Land- und Forstwirte, begegnen Wanderern oft mit Skepsis. Dahinter verbirgt sich häufig die Angst der Grundbesitzer, sie seien für Unfälle haftbar. Doch das ist eher selten der Fall.
Das Betretungsrecht in Bayern
Prinzipiell darf man überall wandern – nicht nur auf Wegen
Das Betretungsrecht für die freie Natur ist in der Bayerischen Verfassung festgeschrieben: „Der Genuß der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide (…) ist jedermann gestattet“, heißt es in Artikel 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung.
Durch das Bayerische Naturschutzgesetz (BayNatSchG) wird das Betretungsrecht konkretisiert. Art. 27 Abs. 1 lautet: „Alle Teile der freien Natur, insbesondere Wald, Bergweide, Fels, Ödungen, Brachflächen, Auen, Uferstreifen und landwirtschaftlich genutzte Flächen, können von jedermann unentgeltlich betreten werden.“
Allerdings sind Einschränkungen dieses Rechts möglich. So beschränkt Art. 30 BayNatSchG das Betretungsrecht landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzter Flächen auf außerhalb der Nutzzeit. Die Nutzzeit ist „die Zeit zwischen Saat oder Bestellung und Ernte, bei Grünland die Zeit des Aufwuchses“. Beispielsweise darf man über ein Stoppelfeld wandern, jedoch nicht weglos quer durchs Getreidefeld. Im Winter darf man normalerweise weglos über eine Wiese gehen, im Sommer eher nicht.
Auch Behörden dürfen das Betretungsrecht einschränken (Art. 31 BayNatSchG). Weitere Einschränkungen gelten für die Durchführung von Veranstaltungen (Art. 32 BayNatSchG) und bei der sichtbaren Sperrung von Flächen und Wegen. Art. 33 BayNatSchG nennt neben land- und forstwirtschaftlichen sowie naturschutzrechtlichen Gründen auch die Wohnbedürfnisse der Grundstückseigentümer als mögliche Gründe für sichtbare Sperrungen. Absperrbänder wegen Forstarbeiten oder Zäune um Grundstücke zeigen deutlich, dass dort nicht gewandert werden darf.
Zu den naturschutzrechtlichen Gründen gehören alle Einschränkungen in Schutzgebieten. So dürfen Wege in Naturschutzgebieten prinzipiell nie verlassen werden.
Wanderer müssen mit Natur und Landschaft pfleglich umgehen
Aus dem Bayerischen Naturschutzgesetz leitet sich auch die Pflicht eines jeden Wanderers ab, „mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen“ (Art. 26 Abs. 1 BayNatSchG). „Dabei ist auf die Belange der Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten Rücksicht zu nehmen.“ Wanderer müssen sich so verhalten, dass die Grundeigentümer nicht gestört und ihre wirtschaftliche Interessen nicht gefährdet werden.
Dazu gehört auch die Sauberhaltung der Natur gem. Art. 38 BayNatSchG. Wanderer dürfen nichts in der Landschaft zurücklassen – keine Abfälle, keine privaten Gegenstände oder persönliche Wegemarkierungen. Wegemarkierungen dürfen nur mit Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörden durch Gemeinden oder Organisationen, die sich satzungsgemäß mit der Wegemarkierung befassen, angebracht werden (Art. 28 Abs. 3 BayNatSchG).
Die Haftungsfrage im Betretungsrecht
Grundbesitzer können in der Regel nicht für Schäden haftbar gemacht werden, die Wanderern durch die Ausübung des Betretungsrechts entstehen. „Die Ausübung des Rechts auf Naturgenuss und Erholung erfolgt grundsätzlich auf eigene Gefahr und begründet weder für den Staat noch für die betroffenen Grundeigentümer oder sonstigen Berechtigten eine Haftung oder bestimmte Sorgfaltspflichten“, heißt es dazu in den Bekanntmachungen zum Vollzug des Bayerischen Naturschutzgesetzes.
Allerdings gibt es eine Ausnahme: „Unberührt bleiben Verkehrssicherungspflichten, die den Grundeigentümer nach anderen gesetzlichen Bestimmungen treffen.“ Mit anderen Worten: Grundbesitzer müssen zwar nicht in spezieller Weise für die Sicherheit von Wanderern sorgen, wohl aber für die Sicherheit nach allgemeinem Verständnis.
Mit natürlichen Gefahren muss jeder Wanderer rechnen
„Wenn im Wald ein Baum umfällt, haftet der Eigentümer nicht“, zitiert die Süddeutsche Zeitung die Juristin des Bayerischen Bauernverbands, Richeza Herrmann. Anders sehe es bei Unfällen aus, die durch „nicht naturtypische Ereignisse“ entstünden, so die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Herrmann. Als Beispiele nennt Herrmann einen über den Weg gespannten Weidedraht, eine Schranke oder ungesicherte Holzstapel.
Grundbesitzer sind demnach gut beraten, Wanderer ungehindert passieren zu lassen. Andererseits müssen Wanderer auf die Belange der Grundbesitzer Rücksicht nehmen.