20.01.2020 – Informationen der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte
Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge, der BUND Naturschutz in Bayern e.V. sowie der Landesverband Bayern der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine e.V. klagen geschlossen gegen SuedOstLink.

Die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte PartGmbB hat heute beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Klage des Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge, des BUND Naturschutz in Bayern e.V. sowie des Landesverband Bayern der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine e.V. gegen das Vorhaben SuedOstLinK eingereicht.
Die Klage wendet sich gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur vom 18.12.2019, Az. 6.07.00.02/5-2-3/25.0, welche für den „Abschnitt C: Raum Hof – Raum Schwandorf“ einen 1000m breiten Trassenkorridor rechtsverbindlich festgelegt hat.
Die angegriffene Entscheidung wurde von der Bundesnetzagentur im Rahmen des Gleichstromprojekts SuedOstLink getroffen, das als Erdkabel geplant ist. Es besteht aus den vier Abschnitten A bis D, welche die beiden Netzverknüpfungspunkte der Höchstspannungsleitung Wolmirstedt und Isar gemäß Nummer 5 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 des Bundesbedarfsplangesetzes vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2543; 2014 I S. 148, 271) verbinden.
Auf Grundlage dieser Entscheidung hat die Bundesnetzagentur am 11.01.2020 bereits eine Veränderungssperre in der Gemeinde Gattendorf im Landkreis Hof in Kraft gesetzt. Es ist daher zu erwarten, dass auch auf dem Gebiet des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge in Kürze mit entsprechenden Maßnahmen zu rechnen ist. Aus diesem Grund ist die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte PartGmbB beauftragt, zusätzlich zur eingereichten Klage auch einen Eilantrag an das Bundesverwaltungsgericht vorzubereiten.
Aus Sicht des Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge ist die eingereichte Klage gegen die Bundesfachplanungsentscheidung sowohl zulässig als auch begründet. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die Kläger können das Bundesverwaltungsgericht anrufen, obgleich das Gesetz explizit keine Klage gegen die Feststellung des Ergebnisses der Bundesfachpla- nung mit der Festlegung des Trassenkorridors vorsieht. Die Kläger können sich insoweit auf die Aarhus-Konvention und auf die Europäische Grundrechtscharta berufen, die effektiven Rechtsschutz als elementaren Grundsatz gewähren. Dies ist umso wichtiger, als die Wirkungen der Entscheidung als Ergebnis der Bundesfachplanung gravierend sind. Die Bundesfachplanungsentscheidung enthält eine verbindliche Regelung des Verlaufs des Trassenkorridors. Gleichzeitig entscheidet sie sich gegen Alternativenplanungen.
Die Bundesfachplanungsentscheidung hat Bindungswirkung und Vorrang „vor nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen“ (§15 Abs. 1 S. 2 NABEG). Dies bedeutet, dass Gemeinden und Gemeindeverbände ihre Planungshoheit nicht mehr frei ausüben können. Verstärkt wird diese Bindungswirkung noch durch die Möglichkeit des Erlasses von Veränderungssperren. Grundstückseigentümer können Projekte nicht verwirklichen, soweit sie mit den Interessen des Übertragungsnetzbetreibers kollidieren. In Vorbereitung auf das Planfeststellungsverfahren ist die Bundesnetzagentur berechtigt, die Grundstückseigentümer zur Duldung von Untersuchungen und diversen Eingriffen in das Eigentumsrecht zu verpflichten. Nach Auffassung der Kläger kann in einem solchen Fall der Rechtsschutz nicht ausgeschlossen sein.
Die Bundesfachplanungsentscheidung ist aus mehreren Gründen rechtswidrig und verletzt den Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge in seinen Rechten. Darüber hinaus sind zahlreiche Verstöße gegen naturschutz- und umweltrechtliche Belange erfolgt, welche vom BUND Naturschutz in Bayern e. V. und vom Landesverband Bayern der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine e. V. vorgetragen werden können.
Schon das Verfahren des Bundesfachplanung war rechtsfehlerhaft.
Fakten und Argumente
- Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Bundesverwaltungsgericht für die Klage zuständig (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO).
- Die von der Bundesnetzagentur ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Unterlagen waren unvollständig und fehlerhaft.
- Die zugrunde gelegte Raumverträglichkeitsstudie der Vorhabenträger weist erhebliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel auf und war im Ergebnis nicht geeignet, die Raumverträglichkeit der in Planung befindlichen Trassenkorridore realistisch abzubilden und im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 1 NABEG festzustellen.
- Gleiches gilt für die Unterlagen der strategischen Umweltprüfung. Die tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter (Mensch, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft, Kulturgüter, sonstige Sachgüter) und deren Umweltziele waren auf Grundlage der von den Vorhabenträgern vorgelegten Unterlagen nicht absehbar. Für Dritte, insbesondere auch den Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge und die Naturschutzverbände war es im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung entgegen § 40 Abs. 2 Satz 2 UVPG auf Grundlage des Umweltberichts nicht möglich zu beurteilen, „ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen“ des Vorhabens betroffen sind und welche erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind.
- Auch die artenschutzrechtlichen Belange wurden nicht im erforderlichen Umfang ermittelt und umfassend ordnungsgemäß bewertet. Es ist davon auszugehen, dass durch die Bundesfachplanungsentscheidung die Verletzung von Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht ausgeschlossen werden kann.
- Ebenso kann nicht mit Gewissheit, d.h. ohne vernünftige Zweifel, ausgeschlossen werden, dass die von den Vorhabenträgern beabsichtigte Planung sich nachteilig auf die im Untersuchungsraum vorhandenen FFH-Gebiete auswirkt. Die Anforderungen an § 34 BNatSchG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 und 3 FFH-RL sind damit nicht erfüllt, sodass die Planung aktuell gegen zwingendes Europarecht verstößt.
- Die Bundesfachplanungsentscheidung berücksichtigt das Bündelungsgebot nur unzureichend. Sie verstößt damit gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 1 Abs. 5 S. 2 BNatSchG und verletzt den Grundsatz aus Ziff. 7.1.3 LEP Bayern (2018).
- Die Alternativenprüfung wurde unsachgemäß und methodisch fehlerhaft durchgeführt.
- Der Erörterungstermin wurde entgegen den Vorgaben nach § 10 Abs. 1 NABEG durchgeführt. U. a. erfolgte eine rechtswidrige Trennung des Termins in einen Erörterungstermin für Privateinwender und einen gesonderten Erörterungstermin für die Träger öffentlicher Belange. Den hiergegen gerichteten Antrag des Land- kreises Wunsiedel im Fichtelgebirge vom 10.07.2019 hat die Bundesnetzagentur zu Unrecht abgelehnt und die getrennten Erörterungstermine dennoch durchgeführt. Eine substantielle Erörterung des Vorhabens und der Einwendungen des Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge war dadurch erheblich erschwert und teilweise nicht möglich.
- Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge und die Umweltverbände sind im Ergebnis sowohl durch die Verfahrensgestaltung, als auch durch die inhaltliche Be- handlung ihrer Einwendungen im Verfahren in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten bzw. ihren Beteiligungsrechten verletzt. Die Entscheidung der Bundesfachplanung ist daher aufzuheben.
Würzburg, den 20. Januar 2020
gez. RA W. Baumann/Fachanwalt f. Verwaltungsrecht
20.01.2020 – Erläuterung zur Klage gegen die Bundesfachplanungsentscheidung zum Trassenkorridor Hof-Schwandorf der Stromleitung SuedOstLink
Die Klage beim Bundesverwaltungsgericht wird vom Landkreis Wunsiedel angestrengt, der dabei vom Landesverband Bayern der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine (kurz: Wanderverband Bayern) und vom BUND Naturschutz Bayern e.V. unterstützt wird.
Der Wanderverband Bayern folgt darin dem Antrag seines Mitgliedsvereins in der Region, des Fichtelgebirgsvereins. Der Wanderverband Bayern fühlt sich als anerkannter Naturschutzverband insbesondere der Wahrung der regionalen Landschaften verpflichtet. Aufgrund seiner regionalen Ausrichtung verfolgt er bei seiner Klage nicht das Ziel eine Verlagerung der Leitung auf eine andere Trasse zu erreichen, bei der andere Regionen und Mitgliedsvereine betroffen wären.
Ziel ist es vielmehr das Verfahren insgesamt in Frage zu stellen, das nach Meinung des Verbandes intransparent ist und nicht den Grundsätzen einer guten Bürgerbeteiligung entspricht. In diesem Verfahren werden massive Vorfestlegungen getroffen, die alle späteren Planungen in ein vorgefertigtes Konzept pressen, das nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Dass bisher den Betroffenen und den Verbänden ein Klagerecht in diesem Stadium abgesprochen wird, verstößt unseres Erachtens sowohl gegen europäisches Recht (Vertragsrecht der Europäischen Union) als auch gegen die Aarhus-Konvention (Völkerrecht). Durch dieses Verfahren wird die Mitwirkung der Verbände in massiver Weise eingeschränkt, die nur noch in den nachgelagerten Verfahren Korrekturen an Details erreichen können, aber nichts an den grundsätzlichen Festlegungen ändern können. Umwelt- und naturschutzrechtliche Belange werden in diesem Verfahren nur völlig unzureichend geprüft und sind auch nur eingeschränkt überprüfbar.
Darüber hinaus erscheint uns das zugrunde liegende Verfahren der Bedarfsfeststellung intransparent und in dem engen Verhältnis der Bundesnetzagentur zu den Firmen, die später aufgrund dieser Bedarfsfeststellung ihre wirtschaftlichen Interessen realisieren können, äußerst fragwürdig.
Daher klagt der Wanderverband Bayern gemeinsam mit dem Landkreise Wunsiedel und dem BUND Naturschutz in Bayern e.V. und hofft damit zu einer grundsätzlichen Neuorientierung der Beteiligungsverfahren beitragen zu können, die im Sinne des europäischen Rechts und der europäischen Konventionen eine echte Beteiligung von Beginn der Planungen sicher stellen. Damit würde für die Zukunft auch Konfliktpotential aus den weitgehenden Vorentscheidungen ohne ausreichende Bürgerbeteiligung und Einspruchsmöglichkeiten vermieden.
Bischberg, den 20. Januar 2020
Dr. Gerhard Ermischer, Präsident des Landesverbands Bayern der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine e.V.